Pflichten und Optionen: Lastgangmessung bei PV-Anlagen auf Gewerbearealen
Bei Gewerbearealen mit einem lokalen Stromverbrauch ab 100.000 kWh pro Jahr ist die viertelstündliche Lastgangmessung verpflichtend. Die Betreiber der PV-Anlage müssen über die Kontierung von RLM-Lastgängen zum einen nachweisen, dass Erzeugung und Verbrauch des Stroms gleichzeitig erfolgt sind. Außerdem müssen sie den aus dem Netz bezogenen Strom sauber von steuerbegünstigtem PV-Strom, der lokal erzeugt wurde, abgrenzen. Somit stellt sich bei PV-Anlagen über 100.000 kWh in punkto RLM nicht die Frage nach dem „Ob“, sondern nach dem „Wie.“
Für Betreiber von PV-Anlagen auf Gewerbearealen mit einem geringeren Verbrauch gelten Standardlastprofile (SLP) als ausreichend für die revisionssichere Bilanzierung. In der Praxis profitieren auch sie von einer freiwilligen registrierenden Lastgangmessung (RLM) oder einem viertelstündlichen Zählerstandsgang (iMSys - TAF7).
Dafür sprechen einige Gründe:
- Sicherung der Wahlfreiheit der Mieter
Die Technischen Anschlussbedingungen (TAB) sowie das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) stellen sicher, dass sich alle (Miet-)Parteien innerhalb einer Kundenanlage jederzeit frei entscheiden können, ob sie ihren Strom im Mieterstrommodell oder von einem externen Stromanbieter beziehen wollen. Nimmt ein Mieter nicht am Mieterstrommodell teil, muss sein Verbrauch ggf. aus einem Summenzähler “herausbilanziert” werden. Damit das ohne großen Abstimmungsaufwand mit dem VNB funktioniert, muss der Stromverbrauch eines jeden gewerblichen Mieters – unabhängig von der Bezugsquelle – viertelstündlich gemessen und bilanziert werden.
- Sicherheit bei der Stromsteuer
Betreiber einer PV-Anlage auf einem Gewerbeareal sind verpflichtet, die Stromsteuer für den erzeugten Strom zu melden und auszuweisen. Je nach Größe der Anlage ergeben sich hier Besonderheiten. Bekommen die Letztverbraucher in einer Kundenanlage weniger als 2 MWh Strom im Jahr, so ist diese Stromlieferung gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3b StromStG von der Stromsteuer befreit. Bei einem Gesamt-Jahresverbrauch ab 10 MWh sind diese steuerbegünstigten Strommengen laut § 4 Abs. 7 StromStV gesondert auszuweisen. Hier erfolgt die Abgrenzung von Netzstrom und steuerbegünstigtem PV Strom über Kontierung von RLM Lastgängen, so kann die Zeitgleichheit von Erzeugung und Verbrauch revisionssicher nachgewiesen werden.
- Einsparung von Konzessionsabgaben
In der Regel gelten die Teilnehmer an einem Mieterstrommodell innerhalb einer Kundenanlage gemäß § 2 Abs. 7 KAV als Tarifkunden. Eine Ausnahme besteht, wenn ihre gemessene Leistung in mindestens zwei Monaten eines Abrechnungsjahres über 30 kW und der Jahresverbrauch über 30.000 kWh liegen. Dann gelten die betreffenden Verbraucher als Sondervertragskunden.
Von dieser Einstufung hängt die Obergrenze der Konzessionsabgabe ab. Für Sondervertragskunden liegt sie bei 0,11 Cent pro kWh. In der Praxis sparen Sondervertragskunden somit bis zu 2,3 Cent pro kWh (Stand beider Angaben: November 2022).
Besonders attraktiv ist dies bei Mieterstrommodellen im Gewerbe, wo die Mieter viel Strom verbrauchen. Bei 100.000 kWh jährlich ergibt sich eine Ersparnis von 2.300 Euro. Diese Ersparnis setzt voraus, dass die Grenzwertüberschreitung für den Anteil des Stroms, den sie aus dem Netz beziehen, revisionssicher nachgewiesen werden kann. Dies ist nur mit einer viertelstündlichen Kontierung ihrer RLM-Lastgänge möglich.
- Ermöglichung von On-Site-PPAs (der gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung)
Innerhalb von Franchises oder Unternehmensketten gilt häufig ein Rahmenstromvertrag für alle Filialen. Um trotzdem den lokal produzierten Grünstrom zu beziehen, ist die Umsetzung im Rahmen eines On-Site PPAs (bzw. der gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung) sinnvoll. Anders als im Mieterstrommodell liefert der Anlagenbetreiber in diesem Modell keinen Reststrom.
Um dies zu ermöglichen werden bei Multi-Tenant-Immobilien komplexe Messkonzepte und virtuelle Marktlokationen benötigt. Um den Netzverbrauch korrekt zu erfassen, ist die Liegenschaft auf eine viertelstündige Bilanzierung aller RLM-Messstellen angewiesen.
- Erhöhung der Renditen dank der "gewillkürten Vorrangregelung"
Gerade im Neubau von Quartierslösungen gewinnt eine lokale Ladeinfrastruktur immer mehr an Bedeutung. Mithilfe der "gewillkürten Vorrangregelung" kann die Ladeinfrastruktur bevorzugt mit PV-Strom versorgt werden. Das macht aus Sicht des Anlagenbetreibers hochgradig Sinn, da hier höhere kWh-Preise erwirtschaftet werden können. Diese Art der Priorisierung findet weitere Anwendungsfälle und ist nur mit einer viertelstündlichen Kontierung der Lastgänge möglich.
- Ermöglichung eines Zwei-Preissystems & dynamischer Tarife
Der Preisunterschied zwischen lokal erzeugtem PV-Strom und Netzstrom motiviert viele Mieter, ihr Verbrauchsverhalten auf den PV-Direktverbrauch hin zu optimieren. Mithilfe eines Zwei-Preissystems können für den Reststrom, wenn gewünscht, auch dynamische Stromtarife (Spot-Markt-Tarife) angeboten werden. Hier kann der Preis des Netzstroms wiederum abhängig von der Marktsituation stark schwanken. Dies bringt zusätzliche Komplexität in die Abrechnung des PV-Stroms im Mieterstrommodell und ist nur mit einer viertelstündlichen Kontierung der Lastgänge umsetzbar.
- Zeit- & Kostenersparnis bei der Buchhaltung
Findige Betreiber von PV-Anlagen könnten nun zu dem Schluss kommen, dass sie ihr Gewerbeareal lediglich mit Lastgangzählern ausstatten müssen und die Bilanzierung in Excel erfolgen kann. Dabei unterschätzen sie jedoch den buchhalterischen Aufwand bei der Stromabrechnung im Mieterstrommodell.
Ein kleines Rechenbeispiel:
Bei einer viertelstündlichen Messung fallen in einer Kundenanlage pro Zähler an einem Tag 96 und pro Monat 2.880 zu bilanzierende Messwerte an – und das nur für den PV-Strom. Hinzu kommt in der Regel die gleiche Anzahl an Messwerten für den Netzstrom, sofern der erzeugte PV-Strom nicht 100 Prozent des Verbrauchs abdeckt. Je nach Größe des Gewerbeareals müssen Dutzende, wenn nicht Hunderte von Zählern auf diese Weise bilanziert werden. Eine manuelle Bilanzierung bedeutet einen gewaltigen Arbeitsaufwand für die Buchhaltung, mit entsprechenden Personalkosten und einer erhöhten Fehlerquote.
Eine revisionssichere Bilanzierung des erzeugten PV-Stroms bei geringstem Buchhaltungsaufwand ist eine Frage der richtigen Technologie.
Fazit
Die genannten Argumente unterstreichen die Vorteile der registrierenden Lastgangmessung. Unsere Software unterstützt Immobilienbesitzer, Stadtwerke und PV-Betreibergesellschaften im Handling. Mit unserer Abrechnungssoftware haben wir eine skalierbare Lösung geschaffen, um Erzeugung und Verbrauch von PV-Strom in einem Gewerbeareal revisionssicher zu bilanzieren – automatisiert von der Abnahme der Zählerwerte bis zum Rechnungsversand.