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Stromsteuermeldungen - (K)ein Buch mit sieben Siegeln

Vier relevante Anwendungsfälle der Stromsteuermeldungen für Mieterstrom und On-Site-PPAs: Alles, was PV-Anlagenbetreiber wissen müssen.

Hinweis: Dieser Blogbeitrag entstand in Zusammenarbeit mit Rechtsanwalt Dr. Julian Nebel von BRAHMS NEBEL Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB. Stand der Informationen: 25.03.2024 

Unsere Expertise – kompakt, übersichtlich, verständlich erklärt

Das Thema Mieterstrom ist ein facettenreiches: politisch gewollt, von der Gesellschaft interessiert beobachtet, ökologisch sinnvoll – in der Abwicklung und steuerrechtlich allerdings hochkomplex. So ist auch das Thema Stromsteuermeldungen eines, das Betreiber genauer betrachten sollten. Denn: Betreiber von PV-Anlagen, die den lokal erzeugten Strom an Dritte vermarkten, müssen sich vorab anmelden und dann jährliche Meldungen zur Stromsteuer an das zuständige Hauptzollamt abgeben. Keine Stromsteuer fällt hingegen an, wenn Anlagen ausschließlich in das Netz einspeisen und EEG-Förderung erhalten.

Das Thema Stromsteuermeldungen sollte also bei jedem PV-Anlagenbetreiber auf der Agenda stehen. Allerdings gibt es viele Missverständnisse und Unklarheiten in diesem Bereich, darum haben wir hier gemeinsam mit der Anwaltskanzlei BRAHMS NEBEL & KOLLEGEN Rechtsanwälte aus Berlin die vier aus unserer Sicht relevantesten Fälle rund um das Thema Stromsteuer erarbeitet. 

First things first: Was gilt beim Thema Stromsteuermeldungen?

  • Wer eine PV-Anlage betreibt und den Strom an Mieter/Abnehmer vor Ort vertreibt – Stichwort: Mieterstrom bzw. On-Site-PPA – benötigt eine beschränkte Versorgererlaubnis vom Hauptzollamt.
  • Diese Anmeldung ist vor Beginn der Stromlieferung beim zuständigen Hauptzollamt einzureichen.
  • Auch bei einer Befreiung von der Stromsteuer müssen jährliche Meldungen des gelieferten Stroms bis zum 31. Mai erfolgt sein. 

Die folgenden vier Fälle und Meldungen kommen unserer Erfahrung nach am häufigsten vor: 

  1. Fall: On-Site-PPA oder Mieterstrom mit Anlagen < 2 MW
  2. Fall: On-Site-PPA oder Mieterstrom mit Anlagen > 2 MW
  3. On-Site-PPA oder Mieterstrom mit Anlagen > 2 MW (Pachtmodell)
  4. Fall: Eigenverbrauch der Anlage

1. Fall: On-Site-PPA oder Mieterstrom mit Anlagen < 2 MW

In diesem Fall liefert der Anlageneigentümer lokal erzeugten PV-Strom an Abnehmer/Mieter vor Ort mit einer Anlagenleistung kleiner 2 Megawatt. Der Eigentümer fungiert in diesem Fall als Lieferant und ist verpflichtet, die im Jahresverlauf erzeugte Strommenge an das zuständige Hauptzollamt zu melden. Die an Dritte gelieferte Menge ist stromsteuerfrei. Die rechtliche Grundlage hierzu liefert § 9 Abs. 1 Nr. 3b StromStG. Vor Beginn der Stromlieferung sind die Formulare 1412 (Antrag auf Erteilung/Änderung einer Erlaubnis) und 1410a sowie 1410az (Betriebserklärung für allgemein erlaubte Stromerzeugungsanlagen) auszufüllen und beim zuständigen Hauptzollamt einzureichen.

2. Fall: On-Site-PPA oder Mieterstrom mit Anlagen > 2 MW

Wie in Fall 1 liefert der Anlageneigentümer lokal erzeugten PV-Strom/Mieterstrom per PPA an seine Abnehmer/Mieter. Er fungiert ebenfalls als eingeschränkter Versorger und ist daher verpflichtet, die im Jahresverlauf erzeugte Menge an das Hauptzollamt zu melden. Da die Leistung der Anlage aber mehr als 2 MW beträgt, ist der an Dritte (etwa die Mieter) gelieferte Strom stromsteuerpflichtig. Grundsätzlich fallen 2,05 Cent Stromsteuer pro kWh gelieferten Strom an. Für den Eigenverbrauch fällt hingegen keine Stromsteuer an. Auch in diesem Fall sind die Formulare 1412 (Antrag auf Erteilung/Änderung einer Erlaubnis) und 1410a sowie 1410az (Betriebserklärung für allgemein erlaubte Stromerzeugungsanlagen) einzureichen.

3. Fall: On-Site-PPA oder Mieterstrom mit Anlagen > 2 MW (Pachtmodell)

In diesem Fall hat der Anlageneigentümer die PV-Anlage verpachtet. Daraus folgt, dass nun der Pächter zur Meldung der im Jahresverlauf erzeugten Menge verpflichtet ist. Da die Leistung der Anlage ebenfalls mehr als 2 MW beträgt, ist der an Dritte (etwa die Mieter) gelieferte Strom ebenfalls stromsteuerpflichtig. Sofern der Betreiber (hier der Pächter) der Anlage auch der Verbraucher des Stroms ist, fällt keine Stromsteuer an. Der Pächter hat in diesem Fall die Formulare 1412 (Antrag auf Erteilung/Änderung einer Erlaubnis) und 1410a sowie 1410az (Betriebserklärung für allgemein erlaubte Stromerzeugungsanlagen) einzureichen.

Hintergrund: 2 MW-Grenze und Anlagenverklammerung

Wie berechnet sich die Anlagengröße genau? Die Leistung mehrerer PV-Anlagen eines Anlagenbetreibers muss für die stromsteuerrechtliche Bewertung ggf. zusammengerechnet werden. Der Fachbegriff hierfür lautet stromsteuerrechtliche Anlagenverklammerung. Darunter fallen unmittelbar miteinander verbundene Einheiten an einem Standort, z. B. auf einem Grund- oder Flurstück, insbesondere Erzeugungseinheiten in Modulbauweise, die sich in, an oder auf dem selben baulichen Objekt befinden. Diese Anlagen gelten steuerrechtlich als eine Anlage zur Stromerzeugung. Trotz eines Urteils des BGH (vgl. BFH, Urt. v. 7.6.2011 – Az.: VII R 55/09) ist weiterhin strittig, ob als Anlagengröße die kWp-Zahl der PV-Module oder die Wechselrichterleistung anzulegen ist. Insbesondere bei einer Anlagenleistung im Grenzbereich um 2 MW ist daher vor Baubeginn eine Abstimmung mit dem Hauptzollamt sinnvoll; eine Klarstellung von der Generalzolldirektion wäre wünschenswert, ist uns bisher jedoch nicht bekannt.

Achtung: Als „verklammert” gelten auch PV-Anlagen an unterschiedlichen Standorten, wenn sie zum Zweck der Stromerzeugung zentral gesteuert werden, bspw. per Fernzugriff, (dies gilt insbesondere beim Einsatz desselben Direktvermarkters) und der erzeugte Strom zumindest teilweise in das Versorgungsnetz eingespeist wird.

4. Fall: Eigenverbrauch der Anlage

Grundsätzlich ist der Eigenverbrauch von erzeugtem Strom durch den Anlagenbetreiber stromsteuerfrei. Dennoch besteht eine Meldepflicht des Eigenverbrauchs bei Erzeugungsanlagen über 2 MW Leistung. Diese Eigenverbräuche des Wechselrichters werden durch den Betreiber (Eigentümer oder Mieter) an das Hauptzollamt gemeldet. Während sich der Eigenverbrauch im Standby (nachts) in der Regel über das Datenblatt des Wechselrichters ermitteln lässt, kann der Eigenverbrauch im Betrieb in der Regel nur geschätzt werden.

Hintergrund zur Schätzung des Eigenverbrauchs der Anlage

Die Generalzolldirektion erlaubt zwei Möglichkeiten, sich dem Eigenverbrauch von Solaranlagen zu nähern: die tatsächlich erzeugte Strommenge oder den für die jeweilige Region hinterlegten Durchschnitt. Wobei erstere Methode bevorzugt werden sollte, da sie auf geeichten Messwerten und nicht auf Referenzwerten beruht. Bei Schätzungen zum Eigenverbrauch ohne ausreichende Daten ist von einem Wert von 0,4 % der Bruttostromerzeugung auszugehen. Auf die ermittelte Bruttostromerzeugung ist nochmals ein Sicherheitszuschlag von 15 % zu addieren.

Fazit: Ausgefüllte Formulare per Knopfdruck

Die gute Nachricht: Alle diese Meldungen können durch die Solarize-Software vorausgefüllt und die relevanten Strommengen sauber und transparent eingetragen werden. Anlagenbetreiber können die benötigten Berichtsvorlagen in der Software anlegen und auf Knopfdruck herunterladen. Anschließend werden diese vom Betreiber unterschrieben und beim zuständigen Hauptzollamt eingereicht. Damit kann der Anlagenbetreiber seiner Pflicht als Versorger bequem und ohne größeren Aufwand nachkommen. 

Solarize-Kunden profitieren so von den intelligenten Hintergrundprozessen der Software, die auch hochkomplexe (Abrechnungs-)Themen wie Stromsteuermeldungen transparent aufschlüsselt. Mehr über das Angebot von Solarize erfahren Sie bei unserem Spezialisten-Team

Bitte beachten Sie, dass dieser Blog-Text der Information dient und keiner anwaltlichen/steuerrechtlichen Beratung entspricht (Stand der Informationen: 25.03.2024).

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